Zwischenanfrage beim Denkmalpfleger Dr. Peer Zietz

Bei all diesen Plänen und Überlegungen, die zum Zeitpunkt nahe nach der Fertigstellung des großen Osterreliefs ja noch nicht verwirklicht, sondern eben Pläne waren, zeigte sich eine neue Hürde, die wegen ihres guten Ausgangs auch Erwähnung finden soll. Die Denkmalpflege musste ihre Einwilligung geben! Also lud ich den für Felsberg zuständigen Denkmalpfleger, Herrn Dr. Zietz, zum Ortstermin ein und beschrieb den Grund seines Besuchs und unsere Genehmigungsbitte in wahrscheinlich zu sparsamer Art und Weise. Jedenfalls eröffnete er mir am Ende des Besuches „mit welchem Groll im Magen ich nach Felsberg gekommen bin und mit dem festesten Vorsatz, niemals eine auch nur annähernde Verschiebungsmöglichkeit eines Flügelaltars und die auch noch auf Schienen zu genehmigen. “Beim Ortstermin hellte sich sein Gesicht auf, als er das Weihnachts- und Osterrelief sah und in seiner Kunstfertigkeit regelrecht anerkennend bewunderte. Erfreut stellte er fest, dass es sich um zeitgenössische Kunst handelt, und vor der Wahrnehmung des Termins hatte er sich vorgestellt, Kirchenvorstand oder Pfarrer wollten einen historischen und somit lange vorhandenen Flügelaltar der Nikolaikirche an irgendeine Wand schieben. „Zeitgenössische Kunst“, so Dr. Zietz, „könnten wir in Gestaltungsfreiheit gleich welcher Art in den sakralen Raum einbringen, und so wie das geplant sei, würde der sakrale Raum auch nicht gestört, im Gegenteil, sehr, sehr aufgewertet.“ (!) Die Genehmigung ließ nicht lange auf sich warten, zumal Dr. Zietz auf den Plänen auch die Metallkunst, die in der Technik liegen sollte, sofort erfasste. Flügelaltäre von Künstlern unserer Zeit seien eine Rarität auf der Welt.

Übrigens ist die Methode, Bilder, auf welchem Material auch immer, Holz, Stein oder Metall, als Reliefs zu arbeiten, Jahrtausende alt und besonders in den Ursprungsländern unserer Religion, nämlich dem sogenannten »fruchtbaren Halbmond«, den Ländern an Euphrat und Tigris über Israel bis an den Nil beheimatet. Wie ein Halbmond legen sich die Länder der Buchreligionen um die arabische Wüste. Die Reliefkunst kann die Bilder auf dem Material erhöht aufbringen, dann wird das Material rings um die Bilder ausgehauen, oder das Relief wird so gehauen, dass die Bilder in das Material hinein gearbeitet werden. Andreas Tollhopf hat auf geniale Weise beide Reliefmöglichkeiten in sich vereinigt.

Negativrelieftechnik

Gearbeitet hat Andreas Tollhopf Negativreliefs, aber bei geeigneter Beleuchtung entsteht der optische Eindruck, es sei ein Positivrelief. Und außerdem kann für unser Auge der Effekt entstehen, dass der Eindruck positiv oder negativ umspringt, sogar zwischen den dargestellten Personen unterschiedlich wahrgenommen wird. Dieser Effekt dient ganz besonders der meditativen Betrachtung, ist möglicherweise auch von der jeweiligen Befindlichkeit des Betrachters abhängig. Ob überhaupt jemals ein Künstler diesen Effekt bewusst gestaltet und erfunden hat, entzieht sich unserer Kenntnis. Die beiden Hauptwerke, das Weihnachts- und das Osterrelief dienen seit 1998 bzw. 2002 der persönlichen Meditation des Betrachters. Nach all dem zuletzt Gesagten wird es den Leser nicht verwundern, dass es bis zur Verwirklichung des „fertigen“ Flügelaltars noch bis zum Weihnachtsfest 2006 dauern sollte. Dann aber bekam der Flügelaltar besonders für die Gemeindemitglieder erst ein praktisches Gesicht, wenn nun auch die vier Seitenflügel »angebaut« waren, aber noch aus dem »blanken« Eichenholz bestanden, denn die Motive der »kleinen Flügel« waren ja noch nicht besprochen, geschweige denn von Andreas Tollhopf als Reliefs gearbeitet. Immerhin bekam die Gemeinde jetzt erstmalig eine Vorstellung davon, wie aus einer Weihnachtskrippe und schließlich einem Bildhauerrelief und dann zwei Reliefs ein richtiger Flügelaltar werden kann, ja optisch schon geworden war und nach seiner endgültigen Vollendung ruft.